Mittwoch, 16. September 2009

einer kennt alles beim namen

Bild: Nicoletta Ceccoli

einer kennt alles beim namen.
wo der ist, ist alles still.
eine welt aus altem schlittenholz.

eine nacht schlafen, und
das haus steht nicht mehr.

der himmel und die sterne sind
ein tierfell, und auf dem fell 
liegst du, geboren 
zur sprache. 

 © Christian Loidl


Montag, 7. September 2009

Ich richte diese Schrift an die Zukunft

 
Leni Riefenstahl
Bild: Andreas H. Bitesnich

...
Es fällt mir nicht leicht, dies zu sagen,
Man wird meine Worte bezweifeln,
Aber die Beweise sprechen für sich selbst
Und mich täuscht man nicht.
Ich wurde kolonisiert
Durch Nase, durch Mund,
Ohren und Anus,
Von den niedrigsten und schändlichsten Mächten.
Doch sterben kann ich nicht.
Trotzdem werde ich gezwungen,
Wie eine Leiche zu handeln
Um die Stimmen wie Strahlen zu ertragen,
Die meinen Körper erfüllen.
Laute sind in mich gedrungen wie Licht durch Glas
Und ich bin Schauplatz gewesen
Eines heillosen Wirrwarrs.
Man muß sich mein Dasein vorstellen!
...
© Aris Fioretos aus Daniel Paul Schreber nr 2 anhåller om audiens

Sonntag, 6. September 2009

Studium

 
Bild: Dino Valls

Ich studiere die Tage und hin und wieder begegnet mir dabei das Gerippe einer Maus,
eines Raben oder eines Hundes. Nichts erscheint mir sonderbar dieser Zeit.
Nicht einmal, dass am Abend angelangt meine Füße sich schon im Morgen bewegen
obwohl ich noch nicht die Akte für Samstag angelegt habe.
Nicht einmal, dass ich gar nicht katalogisieren kann.
Nicht einmal, wie wundersam der Schatten der Palisanderstanduhr sich unter mich schiebt.
So müssen sie sein, die Tage, verrückt nach hinten, dass ich die Zukunft atmen kann.


© Anja Millen

Mittwoch, 2. September 2009

Aus dem dogmatischen Schlummer geweckt

 
Bild: Mecuro B Cotto

Hast du die Nacht genutzt? – Ich übte mich 
In der Erwartung. – Wessen? – Kennst du auch
Den süßen Schmerz: die Unbekannte lieben? –
Die unbekannte Tat? – Wie? – Wovon sprichst du? –
Die Adern sprangen fast in meinem Fleisch.
Wie bin ichs müd, den Markusplatz zu queren. –
Du träumst, nicht wahr, du träumst mit Konsequenz. –
Und auf den Straßen weht die Transparenz.
 
© Volker Braun 

Montag, 31. August 2009

Eng in meinem Leben

 
Bild: Billy & Hells
...
Die Blumen auf der Fensterbank
behaupten, sie existieren völlig unabhängig von mir
und daß ihnen scheißegal ist,was für ein egozentrisches Arschloch ich bin
Damit kann ich leben und wünsch ihnen noch
viel Spaß beim Vertrocknen.
...
Tom Liwa  aus Eng in meinem Leben